Patin Königin Silvia von Schweden

Hilfe für Flüchtlingskinder

"Wir müssen Flüchtlingskinder aus ihrer Isolation holen und ihnen dabei helfen, sich zu integrieren."

Wenn der elfjährige George aus Syrien mit seinen Freunden spielt, gibt es kein Halten mehr: Da wird gekickt, gerangelt und getobt. Fröhlich laufen die Flüchtlingskinder durch die Räume des Therapiezentrums REFUGIO in Bremen – und fast könnte man vergessen, welch schwere Zeit sie durchleben. Denn George (11), Alan (12), Emmanuel (14), Mohammad (10) und Yahay (14) teilen das gleiche Schicksal: Wie Millionen anderer Menschen sind sie aus ihrer Heimat geflohen. Auf der Suche nach Sicherheit haben die Kinder und ihre Familien große Risiken in Kauf genommen und alles zurückgelassen, was ihnen lieb und teuer war: Heimat, Besitz, Freunde und Familie. Es ist eine Zeit der Angst und eine äußerst traumatische Erfahrung – besonders für die Jüngsten. Im Beratungs- und Behandlungszentrum REFUGIO Bremen finden Kinder wie George einen verlässlichen Ort: Sie erfahren therapeutische Begleitung, bekommen ggf. einen Dolmetscher zur Seite gestellt und können bei ihren regelmäßigen Besuchen die erlebten Schrecken verarbeiten.

Heute ist ein besonderer Tag für die Kinder, denn Königin Silvia von Schweden hat sich für einen Besuch angekündigt. Die diesjährige Patin von „RTL – Wir helfen Kindern“ will Flüchtlingskindern und ihren Familien dabei helfen, ihre Traumata zu verarbeiten und sich in ihrer neuen Heimat integrieren. Das Geld, das beim RTL-Spendenmarathon im November 2016 dafür zusammenkommt, soll die dafür nötige psychosoziale und therapeutische Versorgung im Behandlungszentrum REFUGIO in Bremen sicherstellen. Bei dem Angebot der Anlaufstelle stehen neben Einzel-, Gruppen- und Kunsttherapie auch sportliche Aktivitäten in Kooperation mit ehrenamtlichen Trainer/-innen des SV Werder Bremen im Mittelpunkt.

„Wir müssen Flüchtlingskinder aus ihrer Isolation holen“, so der Appell der Monarchin. „Die Flüchtlingsheime sind voll, und trotzdem vereinsamen die Menschen dort. Aber um sich in eine Gemeinschaft zu integrieren, brauchen Kinder Kontakt zu anderen Kindern. Es ist wichtig, Flüchtlingskindern diese Chance zu geben.“

Seitdem George und seine Freunde am wöchentlichen Fußballtraining teilnehmen, sieht REFUGIO-Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin Doreen Seefeldt erste Erfolge: „Die Jungs haben sich beim gemeinsamen Fußballtraining besser kennengelernt. Sie spielen zusammen, lernen miteinander umzugehen, lernen voneinander und von der anderen Kultur – und sind ein gutes Team geworden!“ Das merkt man der munteren Truppe an: Beim gemeinsamen Spielen mit der schwedischen Königin und RTL Charity-Gesamtleiter Wolfram Kons verlieren die Kinder schnell ihre Scheu und haben etliche Fragen an die schwedische Königin:

„Wie viele Enkelkinder haben Sie?“ will George wissen. – „Stell dir vor, ich habe in ganz kurzer Zeit fünf Enkelinder bekommen. Das älteste Mädchen heißt Estelle, sie ist vier Jahre alt, dann die kleine Leonor, sie ist zwei Jahre alt. Und drei Buben, die werden bestimmt viel Fußball zusammenspielen, aber noch sind sie dafür zu klein. Der Kleinste wird Alexander heißen“, verrät Königin Silvia.

Yahay fragt: „Was wollten Sie mit fünf Jahren werden?“ – „Ich wollte etwas mit Kindern machen und Lehrerin werden“, so die Königin. „Aber das Schicksal wollte es anders. Und damit bin ich auch zufrieden. Weil ich mit dem schwedischen König verheiratet bin, kann ich Licht auf verschiedene Probleme und Themen werfen. Das ist auch wichtig.“

„Wie sind Sie Königin geworden?“ will Alan wissen. – „Das ist eine ganz merkwürdige Geschichte“, erzählt die Monarchin. „Ich bin in Brasilien aufgewachsen, in Deutschland zur Schule gegangen und weil mir Sprachen immer so viel Freude gemacht haben, habe ich Sprachen studiert. Ich spreche sechs Sprachen und habe in München 1972 bei den Olympischen Spielen gearbeitet. Da habe ich den Kronprinzen von Schweden kennengelernt. Nach vier Jahren haben wir geheiratet, und jetzt bin ich seit 40 Jahren Königin von Schweden. Seitdem habe ich viele wichtige Menschen kennengelernt, aber am meisten macht es mir Spaß, Kinder zu treffen und mich mit ihnen zu unterhalten. Weil ich finde, dass ihr sehr wichtig seid.“

Nachdem sie mit den Jungs eine Runde auf dem Flur gekickt hat, schaut die schwedische Königin bei der Kunsttherapiestunde von Sherin (6) vorbei. „Vielen Kindern fällt es schwer, über das Erlebte zu sprechen“, so Doreen Seefeldt. „Beim Spielen, Malen und Basteln haben sie die Möglichkeit, eine andere Ausdrucksmöglichkeit zu finden.“ In ihrer Sitzung hat das syrische Mädchen eine Krone gemalt, die die schwedische Königin dankend entgegennimmt und erklärt: „Viele Kinder sind traurig, weil ich keine Krone aufhabe. Aber dann erkläre ich, dass das auf Dauer sehr schwierig ist. Ich kann damit nicht herumlaufen und auch nicht damit schlafen gehen. Deswegen benutze ich die Krone nur zu ganz besonderen Anlässen.“

Gemeinsam mit „RTL – Wir helfen Kindern“ und der World Childhood Foundation will Königin Silvia von Schweden dafür sorgen, dass Flüchtlingskinder wie Sherin oder George die nötige Orientierung und den Halt bekommen, um in eine bessere Zukunft zu blicken: „Wenn wir alle mithelfen, können wir vielen Kindern und ihren Familien den Weg in ihr neues Leben ebnen!"

Hintergrundinformationen

Im Jahr 2015 wurden in Deutschland so viele Asylerstanträge gestellt, wie noch nie zuvor: Mit 442.000 Erstanträge stieg die Asylerstantragszahl im Vergleich zum Vorjahr um 155 Prozent. Bis Ende 2015 wurden rund 300.000 Kinder und Jugendliche mit Flucht- oder Migrationshintergrund eingeschult. 2016 werden einige hunderttausend weitere folgen. Mehr als 60.000 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge werden derzeit von deutschen Jugendämtern betreut. Eine Vorbereitung auf diese Aufgabe gibt es kaum: Räume und personelle Ressourcen sind knapp. Ankommen in Deutschland, sich in die Gesellschaft integrieren – wie schnell und erfolgreich es den Kindern mit Flucht- und Migrationsgeschichte gelingt, davon hängt ganz entscheidend ab, wie ihre Zukunft sich gestalten wird.

Die Stadt Bremen kann die notwendigen Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen kaum decken. Es bedarf eines besseren und breiteren Zugangs zu therapeutischen Angeboten und Freizeitaktivitäten. Bestehende Angebote erfassen oft nicht die spezifische Bedürfnislage der jungen Flüchtlinge, wie etwa eine muttersprachliche und kultursensible Ansprache oder traumarelevante und flüchtlingsspezifische Kenntnisse. Als Folge müssen Kinder und Jugendliche oftmals ohne angemessene Betreuung, Sprachmittlung, Beschulung oder Aufklärung über ihre rechtliche Situation oder Einführung in das Alltagsleben auf nicht absehbare Zeit zurechtkommen. Doch gerade in der Anfangszeit nach der Ankunft ist es notwendig, den Jugendlichen über eine zuverlässige Unterbringung hinaus Orientierung und Unterstützung zu bieten.

Durch ein Sportangebot, das an das traumatherapeutische Beratungszentrum REFUGIO angebunden ist, soll eine nachhaltige Verbesserung der psychosozialen Gesundheitsversorgung der jungen Flüchtlinge und gleichzeitig die Integrationsförderung erreicht werden. Die spezifischen Angebote für Mädchen und Jungen finden mit ehrenamtlichen Trainer/-innen des SV Werder Bremen auf geeigneten Sportplätzen des Sportvereins statt. Die therapeutische Begleitung wird von geschulten und qualifizierten sozialpädagogischen Betreuern sowie einer therapeutischen Fachkraft aus dem Beratungszentrum REFUGIO begleitet. Der Hauptteil des Projektes konzentriert sich auf die sportlichen Aktivitäten als Rahmen für soziale und therapeutische Arbeit. Die Fähigkeiten der Kinder und Jugendlichen sollen gestärkt sowie soziale und interkulturelle Kompetenzen aufgebaut werden. So kann eine Brückenfunktion zwischen Sportangebot und weiteren therapeutischen Behandlungsangeboten geschaffen werden. Weitere wichtige Aspekte sind Beratungsangebote für die Eltern, Familiengespräche, Beratung und Abstimmungsgespräche mit anderen Bezugspersonen sowie die Zusammenarbeit mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe. Partner aus dem Sportverbands- und Betreuungswesen sollen außerdem auf weitere Rahmenangebote und Hintergrundinformationen Zugriff haben, um bei der Integration der minderjährigen Flüchtlinge Unterstützung zu bekommen.

World Childhood Foundation

Die World Childhood Foundation wurde 1999 von ihrer Majestät Königin Silvia von Schweden gemeinsam mit 14 Mitbegründern ins Leben gerufen. Seitdem setzt sich die Stiftung für eine Verteidigung der Kinderrechte und für den Schutz von Mädchen und Jungen vor Missbrauch, Vernachlässigung und Gewalt ein. In präventiven und intervenierenden Projekten auf der ganzen Welt wird gefährdeten und betroffenen Kindern geholfen ein selbstbestimmtes und sicheres Leben zu führen. Alle Kinder sollen so die Chance erhalten, sich zu selbstsicheren und verantwortungsvollen Erwachsenen zu entwickeln. Sie haben ein Recht auf eine freie, unbekümmerte Kindheit und Sicherheit vor Übergriffen auf ihre Persönlichkeit. Mehr Infos unter: www.childhood.org