In Venezuela wird die 10-jährige Paulina in einem von UNICEF unterstützten Gesundheitszentrum geimpft. © UNICEF/UNI347498/Urdaneta

Unser langjähriger Kooperationspartner UNICEF hat anlässlich seines 75. Gründungsjubiläums einen neuen Bericht veröffentlicht. In dem Report “Ein verlorenes Jahrzehnt vermeiden” zeigt UNICEF, dass in Folge der Pandemie in Jahrzehnten errungene Fortschritte für Kinder in Gefahr sind: beim Kampf gegen Armut und Ungleichheit sowie bei der Verbesserung der körperlichen und mentalen Gesundheit, der Bildung, der Ernährung und beim Schutz von Kindern.

Die Rechte von Kindern sind laut UNICEF in einem nie dagewesenen Maß bedroht. „Seit seiner Gründung hat UNICEF dazu beigetragen, Kindern auf der ganzen Welt ein gesünderes und sichereres Aufwachsen zu ermöglichen, mit großen Fortschritten für Millionen von ihnen", sagte UNICEF-Exekutivdirektorin Henrietta Fore. "Diese Errungenschaften sind in Gefahr. Die Covid-19-Pandemie ist die größte Bedrohung für Fortschritte für Kinder in unserem 75-jährigen Bestehen. Während die Zahl der Kinder, die hungern, nicht zur Schule gehen, missbraucht werden, in Armut leben oder zwangsverheiratet werden, steigt, sinkt die Zahl der Kinder, die Zugang zu medizinischer Versorgung, Impfstoffen, ausreichender Nahrung und wichtigen Dienstleistungen haben. In einem Moment, in dem wir nach vorne schauen sollten, machen wir Rückschritte.“

„75 Jahre nach der Gründung von UNICEF stehen wir an einem Scheideweg”, sagte Georg Graf Waldersee, Vorsitzender von UNICEF Deutschland. “Wir müssen uns entscheiden: Hält die Weltgemeinschaft zusammen und baut auf den in Jahrzehnten erzielten Fortschritten für Kinder und Jugendliche auf? Oder lassen wir es zu, dass gerade die ärmsten und am meisten benachteiligten Kinder noch mehr zurückfallen?“

Laut UNICEF sind wegen der Pandemie bislang schätzungsweise 100 Millionen Kinder zusätzlich in mehrdimensionale Armut geraten – das entspricht einem Anstieg von zehn Prozent seit 2019. UNICEF warnt, dass es lange dauern wird, die Rückschläge wieder auszugleichen – selbst unter besten Bedingungen wird es sieben bis acht Jahre dauern, um das Niveau vor Covid-19 zu erreichen. Bereits damals hatten etwa eine Milliarde Kinder keinen ausreichenden Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, Unterkünften, Ernährung, sanitären Einrichtungen oder sauberem Wasser. Wegen der ungleichmäßigen Erholung der Weltwirtschaft steigt diese Zahl weiter an und verschärft die Kluft zwischen Kindern aus armen und wohlhabenden Familien. Die am stärksten benachteiligten und marginalisierten Kinder leiden am meisten darunter.

Der UNICEF-Report dokumentiert negative Trends in zentralen Lebensbereichen

  • Auf dem Höhepunkt der nationalen und lokalen Lockdowns während der Corona-Pandemie konnten 1,6 Milliarden Kinder nicht zur Schule gehen. Weltweit fiel im ersten Jahr der globalen Krise fast 80 Prozent des Präsenzunterrichts aus;
  • mehr als 13 Prozent der Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren leiden weltweit an psychischen Erkrankungen. Bis Oktober 2020 wurden wegen der Pandemie in 93 Prozent der Länder grundlegende psychische Gesundheitsdienste unterbrochen oder fielen dauerhaft aus;
  • allein in 2020 haben 23 Millionen Mädchen und Jungen keine Regelimpfungen gegen gefährliche Infektionskrankheiten erhalten – ein Anstieg um vier Millionen gegenüber dem Vorjahr;
  • die Zahl der arbeitenden Kinder ist auf 160 Millionen gestiegen - ein Anstieg um 8,4 Millionen in den vergangenen vier Jahren. Bis Ende 2022 besteht die Gefahr, dass weitere neun Millionen Kinder in die Kinderarbeit geraten, weil sie zum Lebensuntererhalt ihrer Familien beitragen müssen;
  • bis 2030 könnten zusätzlich zehn Millionen Mädchen früh verheiratet werden;
  • auf dem Höhepunkt der Pandemie lebten 1,8 Milliarden Mädchen und Jungen in den 104 Ländern, in denen grundlegende Angebote zur Gewaltprävention sowie beim Kinderschutz unterbrochen wurden;
  • 50 Millionen Kinder leiden schon heute an Auszehrung, der schwersten Form akuter    Mangelernährung. 2022 könnten weitere neun Millionen hinzukommen, weil Kinder keine ausgewogene Nahrung bekommen und Ernährungsprogramme eingeschränkt werden.

Der Report warnt zusätzlich vor extremen Gefahren für Kinder und ihre Rechte durch Kriege, Konflikte und den Klimawandel: Schätzungsweise 426 Millionen Mädchen und Jungen – fast jedes fünfte Kind – wachsen in Konfliktregionen auf. Diese Konflikte verschärfen sich und fordern immer mehr Opfer unter der Zivilbevölkerung, darunter besonders viele Kinder. Insbesondere Frauen und Mädchen leiden in Konflikten unter sexualisierter Gewalt. Rund achtzig Prozent aller humanitären Notlagen sind auf Konflikte zurückzuführen. Und eine Milliarde Kinder – fast die Hälfte aller Kinder weltweit – leben in Ländern, die durch die Auswirkungen des Klimawandels "extrem gefährdet" sind.

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